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Daniel in der Löwengrube

Neues aus dem Main-Kinzig-Kreis:

Die Abstrafung des Kreistagsmitgliedes der Grünen, Daniel Mack, tritt nun in die entscheidende Phase. Sie haben vielleicht darüber gelesen: Der junge Mann hatte über den Internetdienst „Twitter“ Kurznachrichten versendet, in denen er eigene Meinungen vertreten haben soll. Seine Mitteilungen sollen nicht mit den Diskussionsprozessen innerhalb der grünen Fraktion in Einklang gestanden haben. Es wurde also ein Tatbestand daraus.

Wegen seiner Vergehen musste Daniel Mack zunächst seinen Posten als stellvertretender Vorsitzender räumen. Inzwischen heißt es, er solle ganz und gar die grüne Fraktion verlassen.

Stellvertretender Vorsitzender, das ist bei den Grünen Main-Kinzig ganz offenbar ein wichtiges Amt. Man darf es nicht für das Verbreiten eigener Meinungen mißbrauchen. Man darf nur solche Stellungnahmen abgeben, die durch einen sogenannten fraktionsinternen Meinungsbildungsprozess gegangen sind.

Spannend finde ich, dass Daniels frischgewählter Nachfolger nun auch, lt. "Hanauer Anzeiger" vom 15.11.11, von einem vertraulichen Prozeß der „Willensbildung“ gesprochen hat. Ich vermute, dieser Prozeß einer internen Willensbildung läuft in der grünen Kreistagsfraktion so ab: Wenn man sich dort irgendwann eine gemeinsame Meinung gebildet hat, dann verfestigt sich die gemeinsame Meinung im Moment der Abstimmung zu einem gemeinsamen Willen. Die gemeinsam gefundene Meinung friert dann sozusagen ein. Es herrscht ab nun der Wille. Vom gefundenen Willen abweichende, öffentlich verkündete Meinungen werden fortan nicht mehr geduldet. Ein stellvertretender Vorsitzender hat sich daran zu halten, oder er muss seinen Posten räumen. Und diese Regel gilt auch für ein einfaches Fraktionsmitglied. Folglich muss Daniel Mack nun auch die Fraktion verlassen.

Wo der Wille herrscht, wird bekanntlich durchgegriffen. Ich fürchte, dass der Daniel dagegen keine Chance hat. Selbst wenn er jetzt öffentlich Selbstkritik üben und gar versprechen würde, seinen iPhone-Vertrag zu kündigen, dann würde ihm das nicht mehr helfen. Denn der Daniel hat im Sinne seiner Parteifreunde nicht nur einen Regelverstoß begangen. Der tiefere Vorwurf an ihn lautet nämlich, dass er einer sei, dem man nicht vertrauen könne. Das aber ist ein bodenloser Vorwurf. Einer mit härtester Ausgrenzungsqualität.

Ich habe inzwischen einige Bewunderung dafür gewonnen, wie artig der Daniel bis heute bleibt. Wie gefaßt er sich das gefallen läßt. Wie er sich immer noch standhaft mit politischen Argumenten verteidigt, wo seine früheren grünen Freunde schon längst munter damit befaßt sind, die Person zu demontieren. Davor ziehe ich den Hut.

Alles Spam oder was

Im Hinblick auf die ständig vorhandene Bedrohung durch den Terrorismus werden immer neue Ideen geboren.

Einer der neuesten diesbezüglichen Gedanken hat zum Ziel, praktisch jeden Computer in irgendeinem Wohnzimmer online überwachen und durchsuchen zu können.

Daß dadurch ausgerechnet Terroristen entdeckt werden, halte ich allerdings für eher zweifelhaft. Schon die bloße Ankündigung wird entsprechende Recherchen nach Abwehrmaßnahmen ausgelöst haben. Die Erfolgsmeldungen werden sich also wahrscheinlich in engen Grenzen halten.

Und ich glaube ohnehin, dass die Zielrichtung dieser Maßnahme eine gänzlich andere ist, als die vorgebliche. Es wird wohl vor allem darum gehen, die auf Privatcomputern illegal heruntergeladene Popmusik effektiver als bisher aufzuspüren. Wer die Zeitung liest, wird wissen, dass die Musikindustrie in dieser Hinsicht Ansprüche hat. Gegen junge Leute, die sich für ihren mp3-Player Musik herunterladen, sind bereits zahlreiche Verfahren mit zum Teil drastisch hohen Schadensersatzsummen eingeleitet worden.

Und von wegen der Aufklärungsrate bei der Onlinekriminalität wird man ohnehin für jede Erfolgsmeldung dankbar sein. Online-Computerdurchsuchungen können da so verkehrt nicht sein, wird man sich gedacht haben.

Eine andere Form der Onlinekriminalität jedoch, die bekommen unsere Terrorismus-Sicherheitsexperten so gar nicht in den Griff. Ich meine damit die allgegenwärtige Spam-Vermüllung der e-mail-Kommunikation. All diese unerwünschten e-mails mit den Viagra- Angeboten, den Viren, Trojanern und Rootkits undsoweiter.

Diese Plage kostet die Wirtschaft in jedem Jahr Unsummen für Abwehrprogramme und Beschäftigungszeit der Angestellten. Mit diesem lästigen Thema lassen uns unsere Sicherheitsexperten nämlich ganz jämmerlich alleine.

Neben den grandios anmutenden Ankündigungen zur Verbesserung der Terroristenabwehr gehen die kläglichen Misserfolge bei der Bekämpfung ganz alltäglicher Plagen ganz sang- und klanglos unter. Grandioser Politiker-Aktivismus sucht sich seine Themen selbst und kommt auf diese Weise eben viel wirkungsvoller, als wenn er sich mit so was Alltäglichem wie der Spam-Vermüllung herumschlagen müsste.
Wallonisch

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