Naturschutz und Eigensinn

Der Maulwurf kommt

Die ersten Tage mit wärmeren Temperaturen machen offensichtlich, dass es dieses Jahr mit den Maulwürfen lebhafter zuzugehen scheint, als in manchem früheren Jahr. So jedenfalls mein Eindruck. Die Tierchen graben sich derzeit durch einige Gärten in der Bruchköbeler Kirlesiedlung und werfen ihre charakteristischen Erdhaufen nach oben.

Eine Rasenfläche kann sich so schon mal in kurzer Zeit in eine Mondlandschaft verwandeln.

Es ist erstaunlich, was diese nach meiner Beobachtung bevorzugt nachtaktiven Wühler so zu leisten vermögen. Normale Tiere bewegen sich bekanntlich, wie wir Menschen, auf dem Erdboden fort. Um von A nach B zu kommen, braucht es da bloß ein paar Schritte.

Maulwürfe dagegen wühlen sich stundenlang durch die Erde, bloß um zum Beispiel die Strecke zwischen einem Blumenbeet und einem Rasenstück zu durchkämmen. Sie arbeiten sich sogar unter einer gepflasterten Einfahrt durch.

Straßenpflaster und den festgestampften Schotter darunter mögen Maulwürfe eher nicht. Diese Stoffe sind sozusagen nicht wühlkompatibel. Also wühlt sich das Tier unterhalb des Pflasterbelages voran, bis es wieder besser durchwühlbaren Boden erreicht. Die Strecke, sagen wir 5 oder 6 Meter, schafft so ein Tier in einer bis zwei Nächten. Also alle Achtung. Maulwürfe sind also eine Lebensform, die sich dem bedingungslosen Wühlen verschrieben hat. Die Wege der Evolution, sie sind einfach unergründlich.

Die Frage ist natürlich dennoch, wie wird man die lieben Tierchen wieder los?

Maulwürfe stehen unter Naturschutz und gelten darüber hinaus als Nützlinge. Sie fressen allerlei Kleingetier wie Engerlinge, Schnecken und Schnakenlarven, und lockern den Boden auf, sorgen für dessen Durchlüftung - Gartenbesitzer werden das aber für eine Beschönigung halten.

Davor, dass Maulwürfe die Wurzeln von Bäumen und Sträuchern abfressen, muss man aber offenbar keine Angst haben. Doch der Hobbygärtner scheint dem Treiben des unterirdischen Frühlingsboten hilflos ausgesetzt. Eigentlich darf man dem Maulwurf nichts antun. Der Einsatz von Gift oder Fallen ist nicht erlaubt. Man darf das Tier im Prinzip noch nicht einmal stören. Besonders geplagte Gärtner haben sich also auf das Vertreiben verlegt. Es gibt dazu im Internet Tipps, die ein bißchen an Voodoo-Beschwörungsrituale erinnern: Knoblauchzehen, Menschenhaare, Fischköpfe in die Hügel stecken, Buttermilch oder Rasierwasser draufgießen, das soll geholfen haben.

Auch das Erzeugen von Tönen soll Wunder wirken - die Leute haben sich dafür ganz unterschiedliche Aufbauten ausgedacht, die allerlei Klingklang-Geräusche erzeugen. Der Phantasie scheinen da keine Grenzen gesetzt. Wer mit solchen Methoden Erfolg hat, zieht sich aber möglicherweise den Unmut des Nachbarn zu.

Denn irgendwo muss er ja am Ende schließlich hin, der Maulwurf.

Erholung

Im aktuellen Bürgerblatt der Stadt Nidderau weckt man Verständnis für Holzarbeiten im Wald: "Mit Motorsäge, Keilen und Hämmern arbeiten sich Mitarbeiter des Forstamtes und Unternehmen durch den Stadtwald und den Bürgerwald. Große Harvestererntegeräte fällen, schälen und entasten Bäume. Rückezüge mit Kränen, Traktoren und sogar Pferde werden bis Ende März bis zu 6500 Festmeter Wertholz bewegt haben".

Das gehe auch gar nicht anders. Der Wald bleibe zwar "Erholungsort für die Bürger", sei aber auch ein "Nutzwald", und damit "ein Wirtschaftsbetrieb, der seit zehn Jahren schwarze Zahlen schreibt". Er beschere einen jährlichen "fünfstelligen Überschuss".-

Die öffentlich verkündete Umwidmung eines Waldes in eine Industriezone bringt aber offenbar auch Probleme mit sich. Neben einer (Zitat:) "Heerschar von Bürgern", die den Wald "einfach als Erholungsort nutzen", gebe es sogar immer mehr "Interessensgruppen", die man offenbar als Problemfall für den Wald ansieht: es seien dies z.B. Mountainbiker, Jogger, Jäger und Geo-Cacher. Jede Gruppe strebe "für eigene Zwecke maximalen Nutzen" an. Priorität genieße aber doch die Holzgewinnung, und zwar nicht zuletzt im Sinne noch höherer Ziele, nämlich "angesichts des Klimawandels".-

Ich versuche solche Darstellungen immer mit eigenen Erlebnissen abzugleichen. Als jemand mit jahrzehntelangem Waldwanderhintergrund in ganz verschiedenen Ecken unseres Landes meine ich, hier einwerfen zu dürfen, dass mir noch nie aufgefallen ist, dass unsere Wälder übermäßig von "Mountainbikern" und "Joggern" übervölkert werden. Mountainbiker im Wald sind in unseren Breiten eine zwar wahrnehmbare, aber insgesamt eher seltene Erscheinung. Öfter sieht man im Wald dagegen ganz normale Fahrradfahrer und Spaziergänger, die aber übrigens allesamt im Wald eher zu den leisen Besuchern gehören.

Dass diese "Heerscharen von Bürgern" auf einem Industriegelände nicht erwünscht sind, ist natürlich verständlich. Es darf aber die Frage erlaubt sein, ob ein "fünfstelliger Überschuss" es rechtfertigt, sanfte Stimmung gegen Menschen zu machen, die in einem Land des ausgewiesenen Fleißes ihre wohlverdiente Erholung im Wald suchen.

Die Umwandlung unserer Umwelt in einen Industriepark ist hierzulande nicht mehr bloß eine überdrehte Phantasie, sondern sie wird zunehmende Realität: Zum Landschaftsbild gehören inzwischen überall die großen Windmühlen. Auch auf See blickt man nicht mehr in den endlosen Horizont, sondern auf "Windparks". Riesige Stromtrassen sind in Planung. An vielen Stellen verschandeln Mobilfunkmasten auch die schönsten Berghänge.

Da muss wohl auch der Wald seinen "fünfstelligen Überschuss" beitragen. Die schöne neue Welt, sie grüßt uns mit Macht.

Gedanken zur Renaturierung

Nun wird es in unserem Bruchköbel also bald zur Renaturierung des Krebsbaches kommen.

Das sogenannte „Renaturieren“ ist ja überhaupt ein umgänglicher Begriff geworden. Man versteht darunter in Bezug auf Flüsse und Bäche, dass man diesen wieder in ihr einstiges altes Bett verhilft. Auf diese Weise werden zum Beispiel Überschwemmungen verhindert.

Aber neben den praktischen Vorteilen haftet dem Renaturieren auch etwas Nostalgisches an. Bäche, die nicht mehr geradlinig, sondern einfach so, kreuz und quer, durch die Landschaft fließen, bekommt unsereins heutzutage nur noch auf alten Bildern oder im Österreichurlaub zu sehen. Ein renaturierter Bach, ganz in der Nähe, gar wieder mit Fischen und Krebsen drin, das würde die Lebensqualität also deutlich steigern. Wenn wir mal die Stechmücken außer acht lassen.

Das Gegenteil von Renaturieren ist übrigens das Kultivieren. Insofern kann man das Renaturieren als den natürlichen Feind des Kultivierens ansehen. Das Anlegen eines Erdbeerpflückfeldes ist zum Beispiel eine kultivierende Maßnahme. Das Renaturieren des Erdbeerpflückfeldes würde dazu führen, dass sich dort zwar keine Erdbeeren mehr pflücken lassen, dafür können dann aber wieder Grashüpfer beobachtet werden, so wie früher.

Aus Anlass einer Baumaßnahme habe ich vor einiger Jahren den Renaturierungsgedanken hautnah miterleben dürfen. Ich musste auf Wunsch des Bauamtes alle Pflanzen in meinem Garten nach einem Punktesystem bewerten und eine vorher/nachher- Kalkulation aufstellen lassen.

Im Ergebnis kam heraus, dass meine Baumaßnahme zu einem Pflanzenverlust von einigen 100 Punkten führen wird. Dafür hatte ich Kosten in Höhe von 70 Mark an das Bauamt zu überweisen. Das Geld ist dann wieder für Anpflanzmaßnahmen anderswo eingesetzt worden. Auf diese Weise bin ich schon vor langer Zeit eine Art Renaturierungspate geworden.

Die letzten Wilden

Letztens, kurz nach Neujahr, beim Hineinjoggen in den Wald, hat plötzlich ein Rudel Wildschweine meinen Pfad gekreuzt. Wild und ungestüm rannten die Tiere über meinen Weg und verschwanden recht schnell allesamt wieder im Unterholz.

Ich muss betonen: Das war im Bruchköbeler Wald, nicht etwa irgendwo in den Spessartbergen.

Ich war darüber deswegen so erstaunt, weil mich die Begegnung an ein ähnliches Erlebnis vor Jahresfrist erinnert hat. Das „Rudel“, das mir seinerzeit beim Hinausjoggen aus dem Wald begegnet war, hatte damals in einer stattlichen Anzahl von vielleicht 25 bis 30 Autos bestanden, die den Hauptwaldweg links und rechts regelrecht zugeparkt hatten.

Wieder muss ich betonen: Das war im Bruchköbeler Wald, wo ansonsten eher selten mal ein Auto durchfährt, und nicht etwa auf der Bruchköbeler Hauptstraße am Samstagvormittag.

„Das hier ist eine Wildschweinjagd“, hatte mir einer der Männer erläutert, die sich gerade in der Nähe der geparkten Autos berieten. Wer weiss, welchem Schlamassel Du da gerade noch entkommen bist, dachte ich mir damals, als ich aus dem Wald herausschritt. Überall Jäger, und Du mittendrin.

Und: Das wird wohl das Ende der kleinen Wildschweinpopulation im Bruchköbeler Wald sein, hatte ich damals vermutet. Als mir aber nun, kurz nach Neujahr, mein Wildscheinrudel begegnet ist, da dachte ich: Ihr habt es also geschafft, Jungs. Allen euren Jägern entkommen, tummelt ihr euch also immer noch im Bruchköbeler Wald.

Die Letzten Wilden.

Wie Sie sehen, bin ich parteiisch. Ich hatte schon als Bub Sympathie für Verfolgte. Damals hatte ich immer Karl May gelesen, hatte all die Geschichten verschlungen, von den guten Indianern, die sich immer tiefer in die Wälder zurückziehen müssen, auf der Flucht vor den tückischen Bleichgesichtern mit ihren modernen Waffen.

Ja, die „Schwarzkittel“ auf meinem Weg erweckten irgendwie meine Sympathie.

„Haltet durch!“, hätte ich ihnen beinahe noch hinterher gerufen.

Und erstmal werde ich wohl auf absehbare Zeit keinen Wildschweinbraten mehr essen...

Wenn Biotope nicht wollen, wie sie sollen

Wer baggert da so spät noch...

...

Biotope machen manchmal, was sie wollen.

Die Naturschützer eines Bad Vilbeler Biotops hatten festgestellt, dass eine Überwucherung durch eigenmächtiges Rohrkolben-Schilfgewächs drohte. Das ist ungünstig für Froschlaiche und anderes in Biotopen übliches Getier.

Es wurde also ein Bagger herbeigeholt. Man wollte das Biotop tiefer ausbaggern. Als der Bagger in das Biotop hineinfuhr, versanken allerdings seine Räder im Morast, weswegen die Arbeiten abgebrochen und ein Abschleppdienst gerufen werden musste. Nach eingehender Analyse der verfahrenen Situation kam man zu dem Schluss, dass dem Biotop mit noch größerem Gerät zu Leibe gerückt werden müsse.

In der Diskussion ist jetzt der Einsatz eines schweren Raupenkettenbaggers. Die Bemühungen dauern an.

Der Vorfall erinnerte mich an eine Begebenheit, die vor ein paar Jahren aus dem Bayerischen berichtet worden war.

Ein Bauer hatte in der Absicht, ein möglichst tiefes Biotop anzulegen, nicht lange gefackelt. Wahrscheinlich hatte es Probleme mit den Anfahrtswegen gegeben, und so hatte der Bauer die Sache kurzerhand mit Sprengstoff erledigt, sozusagen auf einen Schlag: KAWUMM! - und das Biotop, ein Krater von 10 Metern Durchmesser, war fertig. Danach ist er nach Hause gefahren und hat sich aufs Ohr gelegt, während Reporter und Bevölkerung sich den Krater als Folge eines Meteoriteneinschlages zu erklären begannen. Wissenschaftler diskutierten den Einschlagswinkel und suchten Gesteinsproben. Die Zeitungen waren für ein paar Tage in heller Aufregung, bis irgendwann der Bauer mal wieder vor die Türe trat und sich wahrscheinlich über die Menschenmassen auf seinem Feld gewundert hat.

Die Sprengmethode als Alternative zum Bagger: Ich werde diese Anregung mal an die Bad Vilbeler Kollegen senden. Schließlich gehören wir ja zum selben Ballungsraum, und da sollte man bestrebt sein, sich bei Problemen beizustehen.
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