8
Nov
2005

Geiz ist Geil, ey! Wir sparen!

Gibt es ein Leben jenseits des Sparens?

Von Jürgen Dick

„Sparen“ ist zum Synonym für „Politik“ geworden.

Politiker, die sparen -man möchte hinzufügen: natürlich nicht bei sich, sondern bei den Anderen, obwohl man sich mit diesem ungehörigen Hinweis natürlich dem Verdacht aussetzt, dass man den Ernst der Lage noch nicht erkannt hat- Politiker also, die sparen wollen, kann man nicht kritisieren. Schließlich steht das Land am Abgrund. Da ist mehr als Sparen einfach nicht drin.

Ein Politiker, der spart, hat auch keine Zeit für dumme Fragen. Wie zum Beispiel der nach einer Idee darüber, ob es auch ein Leben jenseits des Sparens geben könnte.

Der Bürger setzt die Sparappelle seiner Politiker übrigens schon seit Jahren tatkräftig um. Er geht nur noch zum Discounter. Seine Hosen, Socken und Christbaumkugeln stammen aus China.

Darüber müssten die Politiker, die mit erhobenem Zeigefinger das Sparen anmahnen, doch eigentlich froh sein. Der Bürger hat sie längst begriffen, seine Politiker.

Wir sparen uns also alle zusammen in einer Abwärtsspirale nach unten, befeuert durch das gesamte Wissen der Experten unseres Landes, worunter im Wesentlichen sogenannte Wirtschaftsweise und Politiker zu verstehen sind.

Es geht schon lange nicht mehr um „Wachstum“ (was sonderbarerweise immer noch die Lieblingsvokabel sparender Politiker ist). Es geht um ein gemeinsames „Abwärts!“.

Also sehen wir stolz dabei zu, wie unsere Innenstädte leerer werden. Wir gehen auch nicht mehr so oft ins Kino, und wir verkneifen uns das zweite Glas Wein. Denn „Geiz“, Sie ahnen es wahrscheinlich schon: „ist geil!“

Und überhaupt nichts Neues.

Schon in den alten Märchen werden Geizhälse erwähnt: als ängstliche, unfrohe, von allen Freunden verlassene Mitmenschen, die das Leben im Grunde als eine endlose Abfolge von Mühsal, Plage und Anstrengung ansehen. Denen das Lachen fremd ist.

Und wenn ich mir am Sonntagabend bei „Christiansen“ unsere großen Politiker so anschaue, wie sie uns mit ihren Reden von den „harten Einschnitten“ das Leben vergällen, dann wird mir klar: In den alten Märchen, in diesen altmodischen Geschichten, da steckt bisweilen Weisheit, wirkliche Weisheit.

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