3
Feb
2007

Das Image des Ingenieurs

Kürzlich las ich auf einer Internetseite den Satz: „Ingenieure verbessern die Welt, nicht Ideologen.“

Die Formulierung machte mich neugierig, weil ich sie nicht für alltäglich halte. Ingenieure gelten nämlich hierzulande bis heute als „erfinderische Zwerge“ (Bertolt Brecht) mit wenig Interesse an den gesellschaftlichen Wirkungen ihres beruflichen Tuns.

Höchstens hätte es also heißen dürfen: „Ingenieure verändern die Welt“. Aber „verbessern“? Da ist der deutsche Hang zum Zweifel vor. Und die gesellschaftskritischen Kommentare in unseren Qualitätszeitungen schildern die Ingenieurstätigkeit allzu oft in einem problembehafteten Umfeld. Waldsterben, Feinstaub, Emissionen – die Diskussionen um die zumeist als schädlich erachteten Einflüsse der Technik auf unsere Umwelt sind Legende. In anderen Ländern kommt in der öffentlichen Wahrnehmung die Technologie, und kommt eben auch der Ingenieur weit besser weg als hierzulande.

Nun geht es mir natürlich gar nicht darum, dass dem Ingenieur etwa unbedingt ein Mehr an Huldigung und Ehrerbietung zuteil werden müsste. Das wäre nämlich schon einmal gar nicht im Sinne des Ingenieurs. Im Grunde ist der Ingenieur nämlich ein bescheidener Mensch. Allzu viel Trubel ausgerechnet um seine Person würde ihm letztlich doch wieder nur seine wertvolle Zeit stehlen. Er hat nämlich zu tun. Er verfolgt seine Projekte, fleißig und lösungsorientiert, wie ihm ja überhaupt der streng zielführende Weg der liebste ist. Auf diese Weise verbessert er jeden Tag die Welt ein bisschen weiter, ohne dass er jemals groß darüber reden würde. Die so vorgelebte Bescheidenheit will jedoch im öffentlichen Diskurs nicht so recht als Positivmerkmal durchschlagen.

Es stellt sich die Frage, woran es wohl liegen könnte, dass die Ingenieurszunft in anderen Ländern einen besseren Ruf hat.

Vielleicht hat es damit zu tun, dass das Ingenieursein hierzulande zumeist eine männliche Angelegenheit ist. Es liegt nämlich der Anteil weiblicher Ingenieure nur in wenigen europäischen Ländern so niedrig wie in Deutschland. Womöglich ist dies ja ein Grund dafür, warum wir Ingenieure in der Öffentlichkeit so überkritisch angesehen werden. Vielleicht findet man uns einfach nur ein bisschen komisch, in unserer „Männerdomäne“.

Wenn aber so wenige Frauen in den Ingenieursberuf streben, und wenn gleichzeitig vom drohenden Ingenieursmangel die Rede ist, dann bedeutet das auch: Hier ist noch ein Reservoir zu erschließen!

In diese Richtung wird man auch an der Technischen Hochschule Berlin gedacht haben, als es dort im Jahr 2001 in Zusammenarbeit mit der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft (EAF) zur Gründung des Kooperationsnetzwerkes Femtec gekommen ist. Die Zielstellungen von Femtec bestehen darin, „junge Frauen für ein technikwissenschaftliches Studium zu begeistern, ambitionierte Studentinnen zu fördern und auf einen erfolgreichen Berufseinstieg in führenden Technologieunternehmen vorzubereiten“, wie es in einer Eigendarstellung von Femtec heißt. Beratung, Workshops, Qualifizierung und Karrierebegleitung für technisch interessierte junge Frauen werden geboten. Firmen von Rang und Namen unterstützen das Projekt.

Das Werben für den Nachwuchs und die gleichzeitige Imagepflege für den Ingenieursberuf ergänzen sich an dieser Stelle in sympathischer Weise, wie ich finde.

Vielleicht wird es ja irgendwann auch bei uns in Deutschland wie selbstverständlich heißen können: „IngenieurInnen verbessern die Welt“.

Zeit dafür wär’s jedenfalls.

(Veröff. als Editorial in "PLUS" 12/2006)

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