Schau mer mal

Die sichere Seite

Die Stiftung Warentest hatte sich erlaubt, die WM-Fussballstadien auf ihre sichere Benutzbarkeit und Kundenfreundlichkeit hin zu überprüfen.

Weil das Ergebnis bei einigen wenigen Stadien nicht im Sinne der WM-Organisatoren ausgefallen ist, war das Geschrei groß. Nicht etwa über die festgestellten Mängel, sondern über die Frechheit der Stiftung Warentest, überhaupt Kritik zu üben. Sogar der Franzl Beckenbauer, dessen Sachverstand, wie bei Kaisern üblich, für deutsche Journalisten schon seit Jahren über alle Zweifel erhaben ist (egal zu welchem Thema), hat a bisserl auf die Warentestler g’schimpft.

Mich hat die scharfe Reaktion verwundert. Zufällig habe ich mal in einem Stadion live miterlebt, wie es aussieht, wenn Menschenmassen auf Treppenstufen außer Tritt geraten und buchstäblich eine Lawine in Bewegung gerät.

Und wie ich meiner Tageszeitung entnehmen konnte, erwägt der Bundesinnenminister zum Zwecke der WM-Sicherheit sogar den Einsatz von Bundeswehr und AWACS-Überwachung (wofür vermutlich der Steuerzahler aufzukommen hat) – da sollte doch, wie ich finde, wenigstens auch dem Sicherheitsaspekt bei den Abmessungen von Treppenstufen oder Geländern an öffentlichen Gebäuden Genüge getan sein. Lieber ein Fragezeichen zuviel, als eins zuwenig.

Ich meine, bei den Eintrittspreisen ist das allemal zu verkraften.

Fütterung

Mein Girokonto übermittelt mir stets dieselbe Botschaft. Diese Botschaft lautet: "Füttere mich!". ... Die Botschaft wird regelmäßig und sehr nachdrücklich vorgetragen. Das geschieht normalerweise vermittels kleiner Zettel, die ein Gerät namens "Kontoauszugsdrucker" auswirft. Dort treibt es mich immer wieder hin. Die Zettel gibt es umsonst.

Um dem penetranten „Füttere mich!“ Nachdruck zu verleihen, bedient sich mein Girokonto in aller Regelmäßigkeit eines Folterinstrumentes namens "Überziehungskredit". Das ist seine Wunderwaffe. Mein Girokonto muss ihren Einsatz lediglich andeuten, in Form eines kleinen Minuszeichens vor einer unangenehm hohen Zahl. Das reicht schon. Dann spure ich. Um die Bedürftigkeit meines Girokontos zu stillen oder wenigstens zu lindern, bin ich gezwungen, ständig Maßnahmen zu ergreifen. Mein Girokonto verweigert meinen Bemühungen jedoch in aller Regel die Anerkennung. Mir scheint manchmal sogar, als ob das Girokonto sein "Füttere mich!" nur um so intensiver äußert, je mehr ich zufüttere.

Manchmal denke ich: mein Girokonto benimmt sich im Grunde wie ein Baby. Beim Sägen des Kontoauszugsdruckers assoziiere ich dann nächtliches Babygeschrei.

Wir sparen!

Zeit. Not. Notzeiten.

Von Juergen Dick

Alte Sprichwörter sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.

Nehmen wir zum Beispiel das hier: „Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not!“ Es passt nicht mehr in unsere Zeit. Alle Kassen sind leer, folglich leben wir in einer Notzeit. Unsere Politiker sind also heutzutage gezwungen, in der Not, statt in der Zeit zu sparen.

Kein Wunder, werden Sie sagen: Weil sie nicht in der Zeit gespart haben, müssen sie es eben in der Not nachholen. Jedenfalls haben sie sich nicht an das Sprichwort gehalten.

Der einst reichste Mann der Welt, J. P. Getty, hat irgendwann mal gesagt: Sobald man in den roten Zahlen ist, sei es eh zu spät zum Sparen. Ich finde, das ist völlig logisch, denn: Was man nicht hat, kann man nicht sparen. Sparen ist eigentlich ein Vorgang, bei dem man etwas, das im Überfluss vorhanden ist, auf die Seite legt. Zum Beispiel Geld. Aber davon ist halt keins da, wie wir alle wissen. Fragen Sie die große Koalition.

Somit ist das, was Politiker derzeit tun, kein Sparen im eigentlichen Sinne. Die Bezeichnung „Sparen“ wird wohl vielmehr als Rechtfertigung verwendet. „Sparen“, das steht ja eigentlich für Klugheit und Voraussicht. Daran hat es aber anscheinend gemangelt, damals, als noch nicht Not, sondern noch Zeit war.

Und übrigens: Als noch Zeit war, da hätten wir unsere Politiker auch gar nicht für die Not sparen lassen, behaupte ich. Wir, das Volk, also Sie und ich, wir hätten protestiert: „Warum nehmt ihr uns Steuern ab, nur um damit ein Bankkonto zu füllen? Geht lieber mit den Steuern runter! Sparen können wir selbst!“

Ich finde also, das Wort „Sparen“ sollte man aus dem Wortschatz für Politiker entfernen. Es passt nicht zu ihnen. Wie ja auch das Sprichwort „Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not!“ nicht zu ihnen passt. In der Zeit dürfen Politiker nicht sparen, und in der Not können sie es nicht. Aber ständig müssen sie so tun, als ob sie’s täten, das Sparen. Und müssen dabei noch Versprechungen machen. Und werden anschliessend beschimpft, wenn’s wieder nichts geworden ist, die Armen.

Rauchfreie Zonen, erhobene Zeigefinger

Raucherhinweis

Von Menschen und Rauchern

Die Raucher tun mir in diesen Tagen leid.

Nein, nicht, weil sie irgendwann alle an Krebs sterben müssen. Deswegen zwar auch. Aber mir tun sie deswegen leid, weil sie zum Zielobjekt aller möglicher selbsternannter Wächter der rauchfreien Zonen geworden sind. Letztere, also die rauchfreien Zonen, breiten sich immer mehr aus im Lande. Wie Schuppenflechte.

Wer raucht, der steht mittlerweile im Abseits.

Wenn sich der europäische Anti-Raucher-Trend bei uns weiter durchsetzt, dann dürfte es bald kein Gasthaus mehr geben, in dem noch ein Raucher anzutreffen ist. Sogar in irischen Pubs, wo Bier, Musik und dicke Luft Bestandteil der Volkskultur sind, werden Raucher nicht mehr gelitten.

Da kann ich mir nicht vorstellen, dass ausgerechnet das europatreue Deutschland noch allzu lange damit warten wird, noch der letzten Kebab-Gaststätte die entsprechenden Vorschriften zu erlassen.

Man schreibt es den Rauchern ja auch schon auf die Zigarettenpäckchen: „Rauchen kann tödlich sein.“ Offensichtlich hält man Raucher für geistig nicht auf der Höhe. Also werden sie mit pädagogischen Ermahnungen traktiert. Als ob sie es nicht selbst wüssten.

Offensichtlich ist aber auch, dass ähnliche Aussagen auf den Verpackungen anderer bisweilen gefährlicher Genussmittel seltsamerweise nicht anzutreffen sind.

Müsste man denn nicht auch auf Bierflaschen Warnhinweise anbringen, wie zum Beispiel „Der Genuß von Alkohol kann Sie aggressiv machen“, oder „Alkohol greift Ihre Leber an“, oder „Alkoholisierte Autofahrer sind bisweilen lebende Bomben“?

Wie bitte? Sie meinen, das sei doch wohl ein bisschen zu drastisch? Sie finden, man kann es auch übertreiben? Sag ich doch. Ich finde jedenfalls, es wäre fair gegenüber den Rauchern, wenn man ihnen wenigstens das Nachdenken selbst überlassen würde.

Steuern zahlen sie eh’ schon genug. Nich wahr.

Geiz ist Geil, ey! Wir sparen!

Gibt es ein Leben jenseits des Sparens?

Von Jürgen Dick

„Sparen“ ist zum Synonym für „Politik“ geworden.

Politiker, die sparen -man möchte hinzufügen: natürlich nicht bei sich, sondern bei den Anderen, obwohl man sich mit diesem ungehörigen Hinweis natürlich dem Verdacht aussetzt, dass man den Ernst der Lage noch nicht erkannt hat- Politiker also, die sparen wollen, kann man nicht kritisieren. Schließlich steht das Land am Abgrund. Da ist mehr als Sparen einfach nicht drin.

Ein Politiker, der spart, hat auch keine Zeit für dumme Fragen. Wie zum Beispiel der nach einer Idee darüber, ob es auch ein Leben jenseits des Sparens geben könnte.

Der Bürger setzt die Sparappelle seiner Politiker übrigens schon seit Jahren tatkräftig um. Er geht nur noch zum Discounter. Seine Hosen, Socken und Christbaumkugeln stammen aus China.

Darüber müssten die Politiker, die mit erhobenem Zeigefinger das Sparen anmahnen, doch eigentlich froh sein. Der Bürger hat sie längst begriffen, seine Politiker.

Wir sparen uns also alle zusammen in einer Abwärtsspirale nach unten, befeuert durch das gesamte Wissen der Experten unseres Landes, worunter im Wesentlichen sogenannte Wirtschaftsweise und Politiker zu verstehen sind.

Es geht schon lange nicht mehr um „Wachstum“ (was sonderbarerweise immer noch die Lieblingsvokabel sparender Politiker ist). Es geht um ein gemeinsames „Abwärts!“.

Also sehen wir stolz dabei zu, wie unsere Innenstädte leerer werden. Wir gehen auch nicht mehr so oft ins Kino, und wir verkneifen uns das zweite Glas Wein. Denn „Geiz“, Sie ahnen es wahrscheinlich schon: „ist geil!“

Und überhaupt nichts Neues.

Schon in den alten Märchen werden Geizhälse erwähnt: als ängstliche, unfrohe, von allen Freunden verlassene Mitmenschen, die das Leben im Grunde als eine endlose Abfolge von Mühsal, Plage und Anstrengung ansehen. Denen das Lachen fremd ist.

Und wenn ich mir am Sonntagabend bei „Christiansen“ unsere großen Politiker so anschaue, wie sie uns mit ihren Reden von den „harten Einschnitten“ das Leben vergällen, dann wird mir klar: In den alten Märchen, in diesen altmodischen Geschichten, da steckt bisweilen Weisheit, wirkliche Weisheit.
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